Footprint sichert sich 100.000€ Investment

Carolin Kleinert, Muhammad Ali Kezze und Dr. Matthias Brendel stellten im März auf der Founders League Show in Düsseldorf ihr Unternehmen Footprint Technologies vor. Das Start-up scannt Füße mit dem Smartphone, um durch die Millimeter-genauen Daten die perfekte Schuhpassform- und Größe zu empfehlen. Dadurch werden Retourenkosten und letztendlich auch CO2-Emissionen drastisch gesenkt. Ursprünglich auf Kinderschuhe spezialisiert, sind sie mittlerweile für 13 Erwachsenenschuhhersteller auf drei Kontinenten der Ansprechpartner für alle Schuhempfehlungen.

Footprint sichert sich 100.000€ Investment
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Wer ein Start-up aufbauen will, braucht Fakten. An erster Stelle steht wohl der Need; welchen Mehrwert kann das neue Produkt, beziehungsweise die neue Dienstleistung Konsumenten bieten? 

In dieser Hinsicht hat Footprint Technologies seine Hausaufgaben gemacht: Carolin Kleinert, Dr. Matthias Brendel und Muhammad Ali Kezze setzen auf Schuhe. Genauer gesagt, auf eine webbasierte Software, die dem Kunden die richtige Schuhgröße und die richtige Passform empfiehlt. Das alles ohne App-Download und mittels Millimeter-genauer Messung des Fußes. 

Ziemlich clever. Denn: Der Online-Handel boomt. Laut Statistica kaufen mittlerweile 91 Prozent der 25- bis 44 Jährigen Online ein, knapp 30 Prozent sogar einmal die Woche. Rund die Hälfte aller Internetkäufe fallen auf das Segment Bekleidung und Schuhe, von denen jede:r Deutsche im Schnitt 3,5 Paar besitzt (Tendenz steigend). So wie der Umsatz im Online-Handel wächst, desto mehr muss in die Versandkosten gesteckt werden. Insbesondere die Retourkosten belaufen sich für Retailer auf zehn Millionen Euro. 

Wahnsinn! 

Matthias Brendel: “Wieso kann es nicht möglich sein, passende Schuhe zu kaufen?” 

20 Prozent Umsatzeinbußen für eine Retourenquote, die bei 50 Prozent liegt. Für die Carolin, Muhammad und Matthias, die sich zu diesem Zeitpunkt eine WG in Berlin teilen, absolut verrückte zahlen. 

Nachdem alle Fakten vorliegen, fragt sich Matthias: Wieso kann es nicht möglich sein, passende Schuhe zu kaufen - denn als Grund für die Rücksendung wird zu 75 Prozent “falsche Größe” angegeben -, statt diese ständig zu retouren? 

Über ein Jahr lang beschäftigt er sich mit dem Missstand. Und das nicht nur, weil er die entstehenden Kosten absurd findet, sondern primär, weil der unnötige Versand und Rückversand CO2-Emissionen von immerhin 100.000 Tonnen pro Jahr alleine in der DACH-Region erzeugt. 

Der Need war ganz klar zu erkennen - wenn man in eine Technologie investieren würde, die es Online-Händlern und faktisch auch den Kunden ermöglicht, unkompliziert ein perfektes Fitting zu finden, dann würde alleine anatomisch eine kleine Revolution geschaffen werden. “Sechzehn Milliarden Füße auf der Welt könnten von unserem Produkt profitieren", so Matthias’ Gedanken. Von den (finanziellen) Vorteilen für den Handel selbst ganz zu schweigen. 

Schwere Anfangsphase: “Es hat dreieinhalb Jahre gedauert, bis die Technologie gut genug war.” 

Die drei recherchierten und fanden dabei heraus, dass sich seit den Zeiten des Quelle-Katalogs hinsichtlich der Größen nicht viel in Richtung individueller Kaufberatung getan hat. 

Im zweiten Schritt der Recherche fand man heraus, dass es sehr wohl schon technologische Ansätze gab, die mit ihrer Idee konform gingen. 

“Wir haben uns mit vielen Wettbewerbern getroffen, die dafür offen waren”, erzählt Matthias rückblickend. “Allerdings waren wir nicht der Meinung, dass die Idee effektiv genug umgesetzt wurde, weshalb wir uns dazu entschlossen haben, selbst zu gründen.”

Das war 2019. Matthias, Carolin und Muhammad kündigten ihre Jobs bei Audi in der Innovationseinheit und gründeten “Footprint Technologies”. 

Zur Founders League Live Show im März 2023 in Düsseldorf, also rund vier Jahre nach der Gründung,  können Muhammad und Matthias auf der Bühne ziemlich beeindruckende Zahlen vorweisen: Drei Millionen Euro an Funding konnten eingesammelt werden, um die Technologie voran zu treiben. Das Unternehmen beschäftigt fünfzehn feste Mitarbeiter und macht einen sechsstelligen Umsatz mit acht Kunden aus verschiedenen Ländern. 

Bis dahin war aber nicht alles easy. “Es hat dreieinhalb Jahre  gedauert, bis die Technik gut genug war”, gibt Matthias zu. Ziel war es, eine einfache Lösung zu bieten, die die Kunden auch nutzen würden. Sprich ohne extra Zeitaufwand und ohne App-Download. Footprint Technologies setzt auf einen Scan per Handy, der die gemessenen Fußdaten mit den Passformen des Schuhhändlers sowie den angebotenen Marken vergleicht und so die richtige Passform herausfiltert. Die Kosten trägt der Retailer, der wiederum durch die sinkenden Retourenkosten Geld einspart. 

Schein und Sein des Kunden-Needs: “Den Mehrwert sieht doch ein Blinder!” 

Ein physischer Test mit 71 Probanden ergab eine Trefferquote von 94 Prozent. Und so kann Footprint tatsächlich einen Unterschied im Handel machen. Durchschnittlich wird durch die Verwendung der Technologie die Retourenquote um mindestens 26 Prozent bis 41 Prozent reduziert. “Auf die Ergebnisse sind wir wirklich stolz”, so Matthias. Richtig happy ist er aber, wenn die Kunden es sind. Positives Feedback bestärkt uns. So wissen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.” 

Vor allem aber ist es eine Art Wiedergutmachung, für die angesichts der offensichtlichen Vorteile mühsame Kundenakquise. “Es war extrem zeitintensiv”, klagt Matthias. “Vertrauen aufzubauen, war harte Arbeit - im Durchschnitt dauert es vier bis fünf Monate, bis alle Verträge unterschrieben sind.” 

Auf die größten Fuck-ups der vergangenen Jahre angesprochen, nennt Matthias im Recab die , “Innovationsverschlossenheit” vieler Händler und Hersteller. “Die geringe Offenheit der Kunden hat uns am meisten gebremst und stark an den Nerven gezerrt, obwohl ja jeder Blinde den Mehrwert erkennen sollte.”

Johannes Kliesch war da einer der wenigen Ausnahmen. Noch auf der Düsseldorfer Bühne sicherte der Unternehmer und Founders-League Juror Footprint Technologies eine Kooperation mit Snocks zu, die demnächst verstärkt ins Schuhsegment einsteigen wollen. “Sein Versprechen hat er gehalten, wir waren mit Snocks in Rekordzeit live”, freuen sich die Footprint-Gründer.  

Und auch sonst können die Unternehmer eine Teilnahme bei Formaten wie der Founders League unbedingt empfehlen: “Wir brauchen mehr Sichtbarkeit und Unterstützung für die Start-up-Branche. Gründertum bildet das Fundament unserer Wirtschaft von Morgen und muss stärker gefördert werden.” 

Footprint konnte aus der Show viele Kontakte und damit einen Boost an Reichweite ziehen. Auch einen neuen Angel-Investor aus der Schuhindustrie, der Expertise und 100.000 Euro einbringt, brachte die Show als Konsequenz mit sich. 

Für die Zukunft peilt Footprint einen Umsatz von 500.000 Euro an. Ein Ziel, das durchaus realistisch ist. Denn seit der Founders League Live Show konnte sich das Berliner Start-up stark weiterentwickeln. Statt der im März genannten acht Kunden, arbeitet Footprint mittlerweile mit 13 großen Marken in Europa, Asien und den USA zusammen. Für letzteren Markt planen die drei GründerInnen den Fokus zu verstärken, die Testphase in den Staaten sehe vielversprechend aus. 

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